excellence
Excellence

Was ist das nur für eine schöne Welt! Am Strand der Geschichte sitzend, ziehen beeindruckende Bilder vorbei. Wellen der Sehnsucht rollen eine nach der anderen auf den Strand zu. Ein ewiges Wechselspiel von Vorwärts und Rückwärts. Ein Schauspiel vom Anbeginn der Zeit, dass nichts an seiner Faszination verloren hat. Die endlose See ist eine tiefblaue Aufforderung, mutig in das Unbekannte aufzubrechen. Was mag man wohl an den fremden Küsten entdecken? In welcher Schönheit mögen andere Länder erstrahlen und welche Faszination mögen fremde Völker für uns bereit halten?
Die Gedanken am Strand stammen nicht aus unserer Zeit. Es sind der sagenhafte Odysseus und sein Freund Mentor, die auf der Insel Ithaka an der Nordwestküste der Peloponnes über die epochalen Veränderungen ihrer Zeit nachdenken. Das, was für uns heute Globalisierung, Digitalisierung, Wissensgesellschaft und Cyber-Währung ist, hieß zu Zeiten von Odysseus: Geographie, Mathematik, Papyrus und Münzwesen. Im archaischen Griechenland liegt der Anfang unserer westlichen Zivilisation, die Entwicklung der Philosophie und die Erfindung der Demokratie. Die Grundlagen unserer heutigen Kultur sind die vier damaligen wesentlichen Veränderungen: Geographie, Mathematik, Papyrus und Münzwesen.
Menschen aus anderen Erdteilen bereicherten schon vor Urzeiten die Kenntnisse der Geographie und führten zu einer ersten Form der Globalisierung. Pythagoras entwickelte seine heute noch berühmten geometrischen Formeln auf der Basis der mathematischen Kenntnisse der Ägypter und Babylonier. Er war dort hingereist, um an dem Wissen der alten Völker teilzuhaben. Wiederum die Ägypter hatten das Papyrus erfunden und damit die Grundlage einer Wissensgesellschaft gelegt. Es waren Geschichtsschreiber und Dichter, die Geschichten und Geschichte nicht nur erzählten, sondern für die Nachwelt schriftlich fest hielten. Ohne das Papyrus wären uns die Heldensagen der Ilias und der Odyssee für immer verborgen geblieben. Der damalige Fortschritt brachte eine Veränderung globalen Ausmasses hervor. So wurde der Grundstein zur Verbreiterung des Wissens der Menschheit gelegt und eine gesellschaftliche Entwicklung angestoßen, die auf den verbrieften Erfahrungen der Vergangenheit aufbaute. Und nicht zuletzt veränderte der sagenhafte Kroisos die gesamte Welt der Handels und der Wirtschaft mit der Erfindung des Münzwesens. Das was wir heute Staatsfinanzen nennen, geht auf die Idee zurück, das nur der König in seinem Land die offizielle Währung prägen darf. Der sprichwörtliche Reichtum des Kroisos ist das Ergebnis einer genialen Erfindung, denn die bisherigen Tauschgeschäfte verloren mit der nun folgenden Entwicklung an Bedeutung und als Zahlungsmittel wurde nur noch akzeptiert was nur Kroisos selber schaffen konnte. Staatlich geprägte und autorisierte Münzen.
Es deutet nichts darauf hin, dass die urzeitlichen Helden mit den dramatischen Veränderungen der damaligen Zeit überfordert waren. Die Geschichtsschreibung der Philosophie ist ganz im Gegenteil fest davon überzeugt, dass die Entwicklung der Philosophie sowie der gesamten Gesellschaft durch diese Disruptionen überhaupt erst möglich wurde. Permanenter Wandel ist die Basis von allem, wirklich allem. Der Unterschied zu heute ist nur, dass die Helden der Ilias die neuen Impulse gleichermaßen neugierig wie mutig aufgenommen haben. Sie sind unsterbliche Helden geworden, weil sie nicht unter dem Wandel litten, sondern Zukunft gestaltet haben.
Ungeplante, überraschende und dramatische Veränderungen, die wir heute Disruptionen nennen, sind Teil der Geschichte, und sie sind am Ende positiv.


„Nach ewigem Gesetz gehen aus dem Unbestimmt-Grenzenlosen immer neue Welten hervor und kehren wieder in dasselbe zurück, einander Strafe und Buße gebend für die Ungerechtigkeit nach der Ordnung der Zeit“.

Anaximander (611-548 vor Christus)


Und wieso überfordert uns der Wandel heute? Ist alles heute so viel schlimmer? Wir sprechen viel von Veränderung und trotzdem fürchten wir sie. Transformation und Disruption sind angsteinflößende Begriffe unserer Zeit. Aber der Vergleich mit den epochalen Veränderungen der Urzeit macht doch nur zu klar, dass die heutige Situation gar nicht besonders ist. Den Wandel unserer Zeit als besondere Herausforderung zu deklarieren, ist im Grund eine Anmaßung. Mit unserer tiefen Betroffenheit über eine sich ändernde Welt wollen wir uns anscheinend über die Zeit und ihre Helden erheben. Die Überforderten rufen in die Welt hinaus, „Gerade jetzt ist das Leben eine Herausforderung“ .
Es steht eine ganz klare These im Raum. Wir haben Neugier und Mut gleichermaßen verloren. Die Helden, die das Abenteuer suchen, die ausweglose Situationen meistern, die große Schlachten gewinnen und Fortschritt schaffen, sind seltener geworden. In einem ungebremsten Effizienzwahn werden heute nur die bestehenden Geschäfte kaputt optimiert. Neue Geschäftssysteme sucht man in den meisten Branchen vergebens. Der messbare Ertrag, das einfache Zählen des Output, wird als wahre und einzige Leistung definiert. Jede Verbesserung der betriebswirtschaftlichen Kennzahlen soll dem modernen Management einen Heldenstatus bescheren. Die Exzellenz der zeitlosen Helden, ist im Taumel der Effizienz vollkommen verloren gegangen.
Die vermeintlichen Helden unserer Zeit, die Manager, haben nicht das Zeug dazu, eine gute Zukunft zu gestalten. Sie hängen fest am Bestehenden, am Prozess, am Kleinteiligen. Selbst die schrittweise Optimierung wird nur angegangen, wenn in der Folge die Effizienz steigt. Zukunft, Innovation und Fortschritt werden im Management unter die hinreichende Bedingung der Effizienz gestellt. Um aber echte Excellence wieder zu gewinnen, bedarf es eine klaren Erkenntnis: Die Zukunft ist nicht effizient. Das Ertragen von Veränderungen und die passive Anpassung mag ja noch effizient von statten gehen, eine Gestaltung der Zukunft ist es aber niemals. Ideenreichtum entsteht nur in Phasen der aufmerksame Beobachtung und der Tatenlosigkeit. Veränderung brauchen den Versuch und das erfolglose und ineffiziente Ausprobieren. Der Misserfolg zeigt uns, dass wir Energie in die falsche Richtung gelenkt hatten. Erst das aufwendige Üben macht aus einer guten Idee eine tragfähige Lösung. Ja, wir müssen bereit sein, Energie und Kraft zu verschwenden, um am Ende Erfolg zu haben. Wir brauchen den Zufall, die Kreativität und die List, damit wir wieder echte Odysseus-Momente wie die Idee mit dem Pferd haben.
Wie müssen uns aufmachen in die neue Welt der Excellence. So wie die zeitlosen Helden von damals.
Odysseus hatte excellente Seefahrer kennen gelernt, die ganz neue Kenntnisse der Geographie mitbrachten und einen weit verzweigten Handel aufbauten. Pythagoras entwickelte seine geometrischen Formeln auf der Basis der excellenten mathematischen Kenntnisse der Ägypter und Babylonier. Er war dort hingereist, um an dem Wissen der alten Völker teilzuhaben. Die Ägypter hatten die excellente Idee, Papyrus-Gras zu einem Papier zu verkleben und damit die Grundlage einer Wissensgesellschaft zu legen. Die Idee des Kroisos, eine Staatswährung zu prägen, war einfach excellent. Nun konnte man den Wert der Dinge mit einem gemeinsamen Maßstab bewerten. Der Handel über alle Grenzen hinweg baute sich immer stärker auf. Die Wirtschaft konnte sich zu unermesslicher Größe aufschwingen.
Zu jeder Zeit kann man excellentes Leisten. Wir sind alle aufgerufen, den Effizienzwahn einer alternden Industriegesellschaft zugunsten von etwas Besserem aufzugeben. Wir sollten das in die Jahre gekommene Management durch eine neue Führung ersetzen. Eine Führung, die die Zukunft gestaltet.

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